StartStudien und ErfahrungsberichteÜberschussschlamm-Reduktion in Neuss-Ost

Überschussschlamm-Reduktion in Neuss-Ost

Reduktion des Überschussschlammes und Erhöhung der Prozessstabilität mit Hilfe des Bioserve-Verfahrens auf der Kläranlage Neuss-Ost

IWB Gemeinnütziges Institut
Wasser und Boden e.V.
Bonn
Sankt Augustin
Siegen

F & E-Vorhaben

Abschlussbericht
Zusammenfassung

Finanziell gefördert durch die
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

AZ 20512
Dezember 2004

Zusammenfassung

Projektziele

Zielsetzung des vorliegenden Forschungsprojektes war es, anhand des Beispiels der Kläranlage Neuss-Ost in Nordrhein-Westfalen den Wirknachweis des Produktes LIPISOL (Bioserve- Verfahren) hinsichtlich der Prozessziele

• Überschussschlammreduktion und
• Erhöhung der Prozessstabilität

zu führen. Die Untersuchung dieser Ziele mit einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unter Einbeziehung sämtlicher Prozessstufen der Kläranlage (Abwasserreinigung und Schlammbehandlung) war Gegenstand der Untersuchungen.

Das Gemeinnützige Institut Wasser und Boden e.V. (IWB) Bonn – Sankt Augustin – Siegen
war von der Firma Bioserve GmbH (Mainz) beauftragt worden, die wissenschaftliche Begleitung wahrzunehmen und den Abschlussbericht zu erstellen. Das Forschungsprojekt wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) finanziell unterstützt.

Methodik

Die Untersuchungen mit dem Bioserve-Verfahren liefen auf der Kläranlage Neuss-Ost im
großtechnischen Maßstab über einen Zeitraum von 12 Monaten. Die Implementierung des
Bioserve-Verfahrens in der B-Stufe der Kläranlage Neuss-Ost erfolgte im August 2003. Die Dosierung des speziell auf die Kläranlage Neuss-Ost abgestimmten Produktes LIPISOL erfolgte direkt in den Zulauf zur 1. Kaskade der B-Stufe. Bei der Kläranlage Neuss-Ost wurde erstmalig eine LIPISOL-Rezeptur eingesetzt, die auch nach der Passage der Denitrifikation noch wirksam war. Die Steuerung des Überschussschlamm-Abzugsregimes im Versuchszeitraum erfolgte anhand der Veränderung der Bioindikatoren.

Die Auswirkungen des Bioserve-Verfahrens auf die Kläranlagenbetriebsdaten wurden jeweils
vom Zeitpunkt der Erstdosierung bis zum Versuchsende im August 2004 fortlaufend dokumentiert und mit dem korrespondierenden Vergleichszeitraum des Vorjahres (Referenzzeit- raum ohne Bioserve- Verfahren) unter Einbeziehung der abwassertechnischen Randbedingungen verglichen.

Um Aussagen über die Wirksamkeit des Bioserve-Verfahrens treffen zu können, wurde eine
begleitende Massenbilanzierung des Überschussschlammanfalls durchgeführt. Der Überschussschlammanfall setzt sich additiv zusammen aus der monatlich berechneten Schlammbestandsdifferenz [Tonne TS] im Belebungsbecken (B-Stufe) (Schlammbestand am Monatsende minus Schlammbestand am Monatsanfang) und der in diesem Zeitraum in der Summe abgezogenen Überschussschlammmenge [Tonne TS]. In dem auf diese Weise ermittelten tatsächlichen Überschussschlammanfall sind noch die Fällschlämme infolge P-Elimination enthalten. Diese sind in Abzug zu bringen, um letztendlich den biologischen Überschussschlammanfall zu ermitteln.

Der Wirknachweis des Bioserve-Verfahrens im Vorher/Nachher-Vergleich wurde über die
spezifische biologische Überschussschlammproduktion [kg TS/kg CSB] geführt.

Mit Hilfe der jeweils vorliegenden spezifischen Kostenansätze im Bereich der Schlammbehandlung und -entsorgung war es möglich, Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Bioserve- Verfahrens abzuleiten.

Ergebnisse

• Überschussschlammreduktion und Schlammaltererhöhung

Bei der Kläranlage Neuss-Ost wurde im Versuchszeitraum August 2003 bis August 2004 in
der B-Stufe eine mittlere spezifische Überschussschlammproduktion von 0,22 kg TS ÜS/kg
CSB ermittelt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum Juni 2002 bis Juli 2003, der eine mittlere
spezifische Überschussschlammproduktion von 0,30 kg TS ÜS/kg CSB aufwies, ergab sich
somit eine Reduktionsrate in Höhe von 26,7 %. Das Schlammalter in der
B-Stufe konnte entsprechend gesteigert werden: Der Medianwert des Schlammalters betrug im Referenzzeitraum 13,8 Tage, im Versuchszeitraum wurde der Medianwert zu 18,1 Tagen
ermittelt, so dass im Mittel eine Steigerung des Schlammalters um 4,3 Tage vorlag.

• Veränderung der Schlammeigenschaften

Der Feststoffgehalt in der B-Stufe war sowohl im Referenz- als auch im Versuchszeitraum
einer relativ großen Schwankungsbreite unterworfen.
Die Ursache hierfür war auf die zeitweise aufgetretenen Betriebsprobleme in den Wintermonaten zurückzuführen. Im Referenzzeitraum lag der Medianwert bei 4,4 g/l (Maximalwert: 6,1 g/l), im Versuchszeitraum lag dieser deutlich höher bei 5,6 g/l (Maximalwert: 8,6 g/l).

Analog zur Feststoffentwicklung in der Belebung der B-Stufe war auch eine Erhöhung des
Feststoffgehaltes im Rücklaufschlamm im Vergleich Referenz- und Versuchszeitraum in
gleicher Größenordnung zu beobachten. Im Referenzzeitraum betrug der Medianwert 6,8 g/l,
während dieser im Versuchszeitraum um einen Betrag von 1,2 g/l höher bei 8,0 g/l lag. Die Maximalwerte lagen bei 8,5 g/l im Referenzzeitraum bzw. bei 11,0 g/l im Versuchszeitraum.

Die Schwankungsbreite des Schlammindex (ISV) war in beiden Betrachtungszeiträumen
näherungsweise gleich ausgeprägt. Im Referenzzeitraum schwankte der ISV zwischen
35 und 108 ml/g, während er sich im Versuchszeitraum zwischen 32 und 99 ml/g bewegte. Die Medianwerte der Schlammindices lagen im Referenz- und Versuchszeitraum eng beieinander (52 ml/g im Referenzzeitraum und 56 ml/g im Versuchszeitraum).

Die Sichttiefe in den Nachklärbecken der B-Stufe hatte sich im Versuchszeitraum deutlich
gegenüber dem Referenzzeitraum verbessert. Im Referenzzeitraum lag der Medianwert bei 60 cm, im Versuchszeitraum stieg die Sichttiefe als
Medianwert auf 106 cm an. Die Maximalwerte lagen bei 140 cm (Referenzzeitraum) und
188 cm (Versuchszeitraum).

• Ablaufwerte (Nachklärbecken/ vor der Filtration)

Im Referenzzeitraum lag der CSB-Medianwert bei 43,6 mg/l (Maximalwert: 100 mg/l), im
Versuchszeitraum lag dieser um 6,2 mg/l höher bei 49,8 mg/l (Maximalwert: 114 mg/l). Die Ursache hierfür war auf den Anstieg der CSB-Fracht im Zulauf zur
B-Stufe im Versuchszeitraum gegenüber dem Referenzzeitraum zurückzuführen sowie auf die beschriebenen Betriebsprobleme in den Wintermonaten.

Die Nges.anorg. -Konzentrationen (Summe aus NH4-N und NO3-N) wiesen im Versuchszeitraum
gegenüber dem Referenzzeitraum deutlich weniger Spitzen auf und bewegten sich insgesamt
auf einem geringeren Niveau. Der Medianwert lag im Referenzzeitraum bei 5,20 mg/l
(Maximalwert: 19,25 mg/l), im Versuchszeitraum lag der Medianwert bei 3,13 mg/l (Maximalwert:
14,67 mg/l). Die Ursachen hierfür waren zurückzuführen auf

• die Erhöhung der Prozessstabilität (Schlammaltererhöhung bzw. Freischalten von
Beckenkapazitäten) durch das Bioserve-Verfahren,
• die verminderte Trübwasserrückbelastung durch das Bioserve-Verfahren sowie
• die Erhöhung der Kohlenstoffquellen (CSB-Fracht) im Zulauf der B-Stufe.

Im Referenzzeitraum lag der Medianwert der PO4-P-Konzentration bei 0,29 mg/l (Maximalwert: 1,58 mg/l), im Versuchszeitraum lag dieser um 0,06 mg/l tiefer bei 0,23 mg/l (Maximalwert: 2,00 mg/l).

Bei den abfiltrierbaren Stoffen im Ablauf der Nachklärbecken lag der Medianwert im Referenzzeitraum bei 8,0 mg/l (Maximalwert: 48 mg/l), im Versuchszeitraum lag dieser um
4,0 mg/l tiefer bei 4,0 mg/l (Maximalwert: 48 mg/l). Hier wirkte sich zum
einen die Kalkzugabe in die A-Stufe im Frühjahr 2004, zum anderen die erhöhte Prozessstabilität infolge des Bioserve-Verfahrens positiv auf die abfiltrierbaren Stoffe aus. Auch gingen die abfiltrierbaren Stoffe im Zeitraum der beschriebenen Betriebsprobleme (Dezember bis März) im Versuchszeitraum schneller von den erhöhten Werten auf Normalwerte zurück, als dies im Referenzzeitraum der Fall war.

Wirtschaftlichkeit

Bei der Kläranlage Neuss-Ost führte die Anwendung des Bioserve-Verfahrens zu einer Kostenersparnis in Höhe von rund 36.515,62 €/a. Die Vergütung für das Bioserve-Verfahren ist hier bereits berücksichtigt.